2003 wurde ein neues Waffengesetz auf den Weg gebracht, das den Besitz bestimmter Messer, Schlagringe und anderer gefährlicher Gegenstände unter Strafe stellt. Verschärft wurde das Gesetz im Jahr 2008, um unter anderem auch das Führen einiger nicht verbotener Messer als kostspielige Ordnungswidrigkeit ahnden zu können.

Diese neue Gesetzgebung sollte Straftaten verhindern helfen, wie der Begründung zu einem Beschluss des OLG Stuttgart zu entnehmen ist. Erreichen wollte man die „Eindämmung von Gewalttaten mit Messern“ mit dem Ziel, „im Interesse der inneren Sicherheit gefährliche Messer wirksam aus der Öffentlichkeit zu verbannen“.
Wie zu erwarten richten sich dabei sowohl Bußgeld- als auch Strafverfahren überwiegend gegen die friedlichen Nutzer und gegen durch Gewalterfahrungen traumatisierte Menschen, die derartige Waffen stets nur zum gefühlten Selbstschutz bei sich getragen haben. Dieser Personenkreis wurde durch hohe Geldstrafen erfolgreich diszipliniert.
So hat das OLG Stuttgart 2011 einen richtungsweisenden Beschluss gefällt, der das Bußgeld gegen einen Autofahrer für zulässig erklärte. Der Mann hatte zwei ganz kleine Einhandmesser als Gurtschneider für Notfälle mit sich geführt. Die schlauen Richter stellten fest, dass er hierzu auch einen Gurtschneider hätte verwenden können. Die innere Sicherheit Deutschlands habe Vorrang vor Individualinteressen. Hierzu zählt selbstverständlich auch das Bedürfnis, sich im Angriffsfall adäquat verteidigen zu können. Ob schrille Geräusche und Pfeffersprays Messerstecher abwehren können, nun ja, das hängt wohl von den genauen Tatumständen ab.
Der Beschluss des OLG Stuttgart ist jedenfalls ein Schlag ins Gesicht jedes redlichen Bürgers.
https://openjur.de/u/354123.html
OLG Stuttgart 14. Juni 2011 4 Ss 137/11 Beschluss openJur 2012, 64381
- § 42 a Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 WaffG, wonach das Führen eines Einhandmessers erlaubt ist, wenn dies einem allgemein anerkannten Zweck dient, genügt dem Bestimmtheitserfordernis des Art. 103 Abs. 2 GG.
- Das Führen eines Einhandmessers in einem Pkw durch eine Privatperson, um damit in einem eventuellen Notfall den Sicherheitsgurt durchschneiden zu können, dient keinem allgemein anerkannten Zweck i. S. d. § 42 a Abs. 3 WaffG
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 25. November 2010 wird als unbegründet ve r w o r f e n.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
…Der Gesetzgeber knüpfte mit dem Begriff Einhandmesser an einen im Rahmen einer Sachverständigenanhörung im Innenausschuss am 13. Februar 2008 ((BT-Drs. 16/8224, S.14) (wohl empirisch) ermittelten Befund an, die Einhandmesser hätten besonders in Gestalt von zivilen Varianten so genannter Kampfmesser bei vielen gewaltbereiten Jugendlichen den Kultstatus des 2003 verbotenen Butterflymessers übernommen…
Der Betroffene hat die Messer nicht in einem verschlossenen Behältnis i. S. d. § 42 a Abs.2 S. 1 Nr.2 WaffG transportiert. Ein PKW ist schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kein Behältnis...
Dem Gesetzgeber ging es bei der Schaffung des Verbots, Einhandmesser zu führen, um eine Eindämmung von Gewalttaten mit Messern (BT.- Drs. 16/8224, S.17). Die zugrundeliegende Gesetzesinitiative wurde als Beitrag gesehen, ‑ im Interesse der inneren Sicherheit gefährliche Messer wirksam aus der Öffentlichkeit zu verbannen (BT.-Drs. 16/7717, S. 39)…
Nicht ausreichen kann daher das Führen des Einhandmessers zu nicht näher bestimmten Anlässen bzw. – so wie hier – lediglich zum Zweck etwaiger Eventualfälle (Ostgathe a.a.O.). Auch nicht ausreichen kann ein lediglich nachvollziehbares Individualinteresse. Anderenfalls würde letztlich das vom Gesetzgeber gewünschte generelle Verdrängen derartiger Messer angesichts von Ausnahmen in einer unüberschaubar großen Zahl von Sachverhaltsvarianten faktisch leerlaufen (Gade a.a.O. S.50).
Hinzu kommt, dass zwar der Zweck, im Notfall im Privat- PKW den Sicherheitsgurt durchschneiden zu können, allgemein anerkannt und gebilligt sein mag, das Mitführen eines Einhandmessers durch einen Privatmann für einen derartigen Eventualfall allerdings weder üblich bzw. geschichtlich gewachsen ist noch einem praktischen Bedürfnis entspricht. Für diesen Zweck gibt es spezielle Gurtschneider, die gerade keine Einhandmesser sind.…
Gurtmesser haben Vor- und Nachteile.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gurtmesser
Das Gurtmesser ist ein Werkzeug mit einer Klinge, das der schnellen und ungefährlichen Befreiung von Personen aus einem Sicherheitsgurt dient.
Es existieren Empfehlungen an Autofahrer, Nothammer und Gurtmesser mitzuführen, um im Falle eines Straßenverkehrsunfalls sich selbst oder andere schnell befreien zu können...
Gurtmesser, kombiniert mit einem Nothammer. Zum Größenvergleich ein Bleistift.
Mit einem Gurtmesser kann man sich bei dem Zertrennen des Gurts nicht so leicht selbst verletzen, dafür lässt sich damit im Ernstfall kein Angreifer abwehren. Aber das darf ja auch nicht sein. In Deutschland ist Selbstverteidigung nur zulässig, wenn es einem dabei gelingt, den Angreifer nicht zu verletzen. Ansonsten zählt die Notwehr schnell als Straftat und die Gerichte machen mit aller Selbstverständlichkeit das Opfer zum Täter. Und wenn dann mal wieder jemand niedergestochen wird von z. B. einem jugendlichen Messerstecher, dann bewertet die Staatsanwaltschaft diese Tat meist als gefährliche Körperverletzung, der Jugendliche wird entweder zu einer Bewährungsstrafe oder zu einer sehr kurzen Haftstrafe verurteilt und das Opfer, wenn es denn überlebt, kann ohne finanzielle Entschädigung und Hilfe zusehen, wie es mit den gesundheitlichen Folgeschäden zurechtkommt. Das ist die traurige Realität der deutschen „Rechtsprechung“.
Wenn ein Einhandmesser zum Schneiden von Äpfeln mitgeführt wird, droht in Sachsen nach dem folgenden Bericht ein Verwarngeld von 50 €. Das ist eine vergleichsweise harmlose Ahndung, bis zu 10 000 € dürfen als Bußgeld verhängt werden.
http://www.sz-online.de/sachsen/ans-messer-geliefert-3497919.html
Donnerstag, 22.09.2016
Seit Jahren schneidet Uwe Scholz mit seinem Messer täglich seine Frühstücksäpfel. Weil es Gesetze gibt, die kaum jemand versteht, soll er dafür jetzt eine Strafe zahlen.
Von Ralph Schermann
… Es hat zwar nur eine 7,8 Zentimeter lange Klinge, kürzer als manche Zigarette, doch am Schaft ist ein kleiner Knubbel. Wird der gedrückt, geht die Klinge auf, ohne sie mit den Fingern der anderen Hand erst herauszupulen. Der Fachbegriff dafür ist Einhandmesser. Und der Wachtmeister weiß, dass dieser Begriff seit 2008 eine besondere Bedeutung hat. Er steht seit jenem Jahr im deutschen Waffengesetz: „Es ist verboten, Messer mit einhändig feststellbarer Klinge oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über zwölf Zentimeter Länge zu führen.“ Als Uwe Scholz das Gericht verlässt, bleibt sein Messer dort. Er muss eine Belehrung unterschreiben und bekommt Post von der Bußgeldstelle des Landratsamtes: Wegen „verbotenen Mitführens einer Waffe“ wird ein Verwarngeld von 50 Euro festgesetzt.
Was kann er dagegen tun? Nichts. Denn es winden sich selbst Rechtsanwälte und wollen nicht genannt sein, wenn sie „nur inoffiziell“ erklären, dass dieses Gesetz eher am Rand der Verfassungsmäßigkeit schrammt. „Die Rechtsnorm ist unbestimmt, kein Betroffener kann wissen, ob er ein berechtigtes Interesse beim Führen eines Taschenmessers verfolgt oder es einem allgemein anerkannten Zweck dient oder eben verboten ist“, beschreibt ein Jurist…
Wie viel Unsicherheit zu diesem Thema besteht, zeigt eine Anfrage an ein sächsisches Landratsamt, ob man Einhandmesser mit einer Klingenlänge bis sieben Zentimeter im Auto haben darf. Antwort eines Beamten: „Ja, wenn Sie das begründen können. Zum Beispiel sagen Sie bei einer Kontrolle, Sie brauchten das Messerchen, weil Sie regelmäßig Pilze damit abschneiden.“ Das nämlich gelte als ein berechtigtes Interesse…
Erlassen wurde das Gesetz, weil jemand solche Messer zu Straftaten benutzte. Die Regel restriktiv anzuwenden, soll dazu dienen, den Zweck des Verbotes ebenso zu unterstreichen wie die Strafandrohung von bis zu 10 000 Euro für das Mitführen solcher „Waffen… Uwe Scholz schüttelt den Kopf und teilt seine Frühstücksäpfel jetzt mit dem Brieföffner.
Brieföffner mit einer Länge von durchschnittlich 20 Zentimetern fallen nicht unter die Waffenverbote. Sie sind zwar gewöhnlich nicht allzu spitz und auch nicht beidseitig geschliffen, aber das lässt sich unter Umständen nachholen.
Da es sich bei einem gewöhnlichen Brieföffner um keine Hieb- und Stoßwaffe handelt, sondern um einen zweckbestimmten Gebrauchsgegenstand, darf so ein Öffner – außerhalb von Sicherheitskontrollen z. B. an Flughäfen – auch offen und griffbereit am Gürtel hängend geführt werden, am besten neben einem ungeöffneten Brief als Schutz gegen versehentliche Stichverletzungen am Bein bei eventuellen Stürzen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Brief%C3%B6ffner
Ein Brieföffner ist ein aus Griff und stumpfer Klinge bestehendes messerähnliches Gerät zum glatten Öffnen (Aufschlitzen oder – früher – Siegelablösen) von anderen wertvollen Werkstoffen. Klinge und Griff werden in der Regel auch aus unterschiedlichen Werkstoffen gefertigt…
Handelsübliche Brieföffner können auch als Stichwaffen verwendet werden. Dies sichert schon ihre Bauweise und Gestaltung. Im Deutschen Waffengesetz ist diese Einordnung als Waffenfähigkeit erläutert. So ist die Mitnahme von Brieföffnern bei Sicherheitskontrollen (z. B. in Flughäfen) nicht erlaubt…
Es wird Zeit, dass auch die Brieföffner verboten werden – und am besten ebenfalls das Führen eines PKWs. Wer kann sicher davon ausgehen, dass dieser nicht doch als Waffe verwendet wird, wie uns das Terroristen und andere Totfahrer bereits demonstriert haben.
Sowohl nicht strafmündige Jugendliche als auch Omas können mit einem Brieföffner in der Hand zu gefährlichen Monstern mutieren. Unser Gesetzgeber muss uns eindeutig vor diesem Besitz schützen!
https://www.welt.de/regionales/hamburg/article1987070/13-Jaehriger-sticht-auf-Jugendlichen-ein.html
Veröffentlicht am 12.05.2008
… Ein 13 Jahre alter Junge hat am Sonntagabend in Hamburg einem Jugendlichen einen Brieföffner in die Brust gestochen und ihn lebensgefährlich verletzt. Das 14-jährige Opfer habe mit einem Freund auf einem Spielplatz im Stadtteil Bergedorf Fußball gespielt, sagte eine Polizeisprecherin. Der Junge kam hinzu und es gab Streit…
24.11.2014
Mit einem 20 Zentimeter langen Brieföffner ist eine 71-Jährige in der gemeinsamen Wohnung in der Passauer Innenstadt auf ihren Ehemann (74) losgegangen, der im Schlafzimmer im Bett lag. Sie stach auf ihn ein. Das Opfer wurde dabei erheblich verletzt und musste operiert werden…
Während der Beamte in Sachsen – wie im Beitrag zum Äpfel-Zerschneider berichtet – ein Mitführen eines Einhandmessers zum Pilze abschneiden für rechtmäßig erklärt hat, scheint das die bayrische Justiz anders zu bewerten. Ein ganz gefährlicher Pilze-Sammler musste gleich 1000 € Geldstrafe zahlen, obwohl er niemanden mit seiner „Waffe“ bedroht hat.
- Januar 2013
FURTH IM WALD/CHAM .Zu einer Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro hat das Amtsgericht Cham einen 26-Jährigen verurteilt. Der Mann hatte ein verbotenes Springmesser mitgeführt, als er in eine Kontrolle der Bundespolizei geraten war. Ende August 2012 hatten Fahnder des Bundespolizei-Reviers Furth im Wald den Mann kontrolliert und bei ihm ein Springmesser mit seitlich austretender Klinge von 10 Zentimetern festgestellt. Der 26-jährige Deutsche hatte das verbotene Messer in seinem Rucksack mitgeführt. Er gab an, es gelegentlich zum Pilze sammeln zu benützen… Das Gericht verurteilte ihn wegen unerlaubten Besitzes eines verbotenen Gegenstandes zu 20 Tagessätzen je 50 Euro Geldstrafe. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.
Was hat die Gesetzesverschärfung bewirkt?
Der Reiz des Verbotenen wirkt gerade auf Jugendliche und auch noch auf einige junge Erwachsene besonders anziehend. Das Führen verbotener Messer kommt immer mehr in Mode, und die Zahl der Messerattacken durch Jugendliche und junge Erwachsene steigt ständig an, auch aber nicht ausschließlich wegen der Flüchtlingskrise.
Ob die Messerattacken mehrheitlich mit verbotenen Messern ausgeführt werden, scheint statistisch nirgendwo erfasst zu werden. Auch mit einem nicht klappbaren Messer mit einer Klingenlänge unter zwölf Zentimeter lassen sich Menschen tödlich verletzen, und diese Messer dürfen nach wie vor spazieren geführt werden.
Zum Selbstschutz hingegen sind erlaubte Messer weniger gut geeignet, da die Gefahr der Selbstverletzung beim Mitführen in einer Hosen- oder Jackentasche größer ist. Auch für den Einsatz als Messer für Wanderer mit Lagerung im Rucksack sind Einhandmesser praktischer und sicherer in der Handhabung, kleine Taschenmesser reichen für die Erfordernisse in der Natur oft nicht aus.
Die Verbote sind lächerlich, völlig unwirksam und schikanieren und bestrafen nur die Falschen. Selbst ein simples Brotmesser eignet sich zum Abstechen. Bei der Instabilität des folgenden Messers war ich da schon ein wenig überrascht – auch wenn die Frau mehrfach zustechen musste, um ihr Ziel zu erreichen. Die Klinge ist dünn und biegsam.

https://www.bild.de/news/inland/mord/lebenslang-fuer-moerderische-arztgattin-24397290.bild.html
30.05.2012
…Beim anschließenden Treffen setzte die Angeklagte ihren 36-jährigen Geliebten mit einem Giftcocktail außer Gefecht und stach 14 Mal mit einem Käsemesser zu. Ihr Motiv: Ihr Ehemann sollte nicht erfahren, dass der Banker der Vater ihres gerade geborenen Sohnes war…
Warum hat die Mörderin keinen Dolch verwendet, damit hätte sie es doch einfacher gehabt? Einen stabilen gut in der Hand liegenden beidseitig geschliffenen Dolch mit über 12 cm Klingenlänge darf man zwar nicht mit sich führen, aber erwerben, besitzen und zu Hause griffbereit lagern. Das Problem: der Tatort lag nicht in ihrer Wohnung und ein Transport von solchen Dolchen ist nur in verschlossenen Behältnissen zulässig…