In Deutschland wird die Unabhängigkeit der Justiz gerne dann hochgehalten, wenn es gilt, Justizopfer zu ignorieren. Sicherlich hat das Bundesministerium der Justiz nicht die Befugnis, rechtskräftige Gerichtsurteile abzuändern. Das war auch Thomas Meuter klar, als er sich am 15. Juni direkt an unsere Bundesministerin Dr. Christine Lambrecht wandte und die Ausführungen zu seinem Fall mit folgenden Worten beendete:
https://www.facebook.com/pg/AutorThomasMeuter/posts/
Meckenheim, 15.06.2020
… Mein Leben ist an den Rand einer Katastrophe geführt worden. Heute bin ich mittellos und kämpfe nur noch um mein Recht und um meine Freiheit als unschuldig beschuldigter Bürger dieses Landes. In meiner Verzweiflung bitte ich Sie, Ihre Möglichkeiten auszuloten, diesen Justizskandal zu beenden, damit ich als unbescholtener Bürger meine Freiheit wieder erlangen kann und rehabilitiert werde.
Hochachtungsvoll
Thomas Meuter
Das Antwortschreiben eines Mitarbeiters aus dem Referat II B 1 Staatsschutzstrafrecht (Einzelsachen) und Völkerstrafrecht liest sich im Wesentlichen wie eine Standardantwort mit dem alles erhellenden Fazit: Wir sind nicht zuständig. Ob Bundesjustizministerin Lambrecht das Schreiben tatsächlich gelesen hat, bleibt fraglich, auch wenn es gut möglich ist, dass der Brief auf ihrem Tisch vor ihr gelegen hat.
Aus „Respekt vor der Unabhängigkeit der Gerichte“ ist man angeblich nicht einmal dazu in der Lage, gerichtliche Entscheidungen zu kommentieren. Ansonsten kann das Justizministerium sich durchaus artikulieren und sieht sich auch dazu befugt, die Staatsanwälte anzuweisen, in Revision zu gehen um ein unliebsames Gerichtsurteil aufheben zu lassen wie vielleicht nach der zunächst erfolgten Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Thomas Meuter durch das OLG Düsseldorf im Juli 2018 geschehen. Der Bundesgerichtshof als einzige Revisionsinstanz bei Staatsschutzverfahren ist ohnehin nur mit politisch passenden Juristen besetzt. Der Staat klagt – wenn möglich – solange, bis ihm das Urteil passt.
Der Dinslakener Amtsrichter Thorsten Schleif hat es in seinem Buch auf den Punkt gebracht:
… (39) geht mit seinem eigenen Berufsstand ungewöhnlich hart ins Gericht und wirft der deutschen Justiz auf mehr als 200 Seiten Versagen vor…
… Verfasser zweifelt an Unabhängigkeit der Justiz
Auch um die Unabhängigkeit der Justiz sei es schlechter bestellt als in vielen anderen europäischen Ländern: Die Spitzenposten würden hierzulande in vielen Bundesländern von der jeweiligen Landesregierung bestimmt. Angepasste Ja-Sager aus der Justizverwaltung machten regelmäßig das Rennen. Damit sei die Justiz als dritte Staatsgewalt erschreckend schlecht gegen Missbrauch gefeit. Am Deutschen Richterbund lässt Schleif kein gutes Haar: Eine Vereinigung „unterwürfiger Bittsteller“ mit der Durchsetzungskraft eines Wattebäuschchens sei die Interessenvertretung…
Redaktion beck-aktuell, Frank Christiansen, 25. Okt 2019 (dpa)
Die Unabhängigkeit der Justiz besteht lediglich darin, dass auf gerichtliche Entscheidungen nicht per Weisung Einfluss genommen werden kann, sondern nur per Auswahl der Richter, der zuständigen Senate sowie der Inanspruchnahme der gegenseitigen Verpflichtung politischer Seilschaften.
Für das Selbstbildnis der Justiz stehen Stärke, Mut und Macht.
Was den Mut betrifft, so ist dieser mehrheitlich nur dann vorhanden, wenn die politische Rückendeckung gesichert ist und die Richterinnen und Richter keine allzu große persönliche Bedrohung zu befürchten haben. Im Umgang mit Clan-Kriminalität und Intensivtätern ist „Kuscheljustiz“ die Regel und nicht die Ausnahme. Wenn ein Bauernopfer politisch notwendig wird, so fehlt in der Regel entweder der Wille oder der Mut, diesem Begehren mit Rechtsstaatlichkeit zu begegnen. Die eigene Karriere könnte darunter leiden, außerdem fordern politische Seilschaften solidarische Entscheidungen ein: eine Hand wäscht schließlich die andere. Macht ist schon vorhanden, doch wird diese von der deutschen Justiz nicht immer zum Schutz der Bevölkerung genutzt, dafür aber gefühlt immer öfter zur faktischen Rechtlosstellung Unschuldiger, wenn ein Schuldiger gefunden werden muss.

Es ist nicht bekannt, ob die damalige SPD-Bundesjustizministerien Katarina Barley von ihrem Weisungsrecht Gebrauch gemacht hat, als die Bundesanwaltschaft in Revision gegangen ist gegen die erste Entscheidung des OLG Düsseldorf. Sicher ist allerdings, dass das Bundesministerium der Justiz nicht eingegriffen hat, um das Erzwingen des Verfahrens gegen Thomas Meuter durch den Generalbundesanwalt zu verhindern. Damit trägt das Bundesjustizministerium meiner Ansicht nach eine gewisse Mitverantwortung an dem Unrechtsurteil.
08.08.2015
… Soll dem Justizminister die politische Verantwortung für die Handlungen der Bundesanwälte auferlegt werden, ist dies nur möglich, wenn dieser auch ein Weisungsrecht gegenüber den Beamten der Bundesanwaltschaft hat.
Jedenfalls in Fällen, in denen eine Staatsanwaltschaft zu rechtswidrigen Ermittlungsmaßnahmen greift oder es aus sachfremden Erwägungen unterlässt, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, wäre sonst zu besorgen, dass niemand die politische Verantwortung für diese exekutiven Handlungen übernimmt. Die Tatbestände der Strafvereitlung im Amt (§ 258a StGB) bzw. Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB) bieten hierfür zwar eine gewisse rechtliche Handhabe, nichtsdestoweniger muss in einem demokratischen Rechtsstaat stets sichergestellt sein, dass auch die politische Verantwortung für derartige Exzesse eindeutig bestimmbar ist…
Aus der mit dem Weisungsrecht verbundenen politischen Verantwortung lässt sich zwar keine moralische Pflicht für die Nachfolgerin Christine Lambrecht herleiten, sich etwa für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Thomas Meuter einsetzen, doch ist es sicherlich nicht abwegig, wenn sich ein Justizopfer vor der Vollstreckung eines offensichtlichen Fehlurteils mit der Bitte um Unterstützung an die amtierende Bundesjustizministerin wendet.
Für eine Wiederaufnahme müssen allerdings neue Erkenntnisse vorliegen wie etwa ein Beweis für eine vorsätzliche Falschaussage des einzigen Belastungszeugen.
Im Fall Meuter wäre unter Umständen ein Antrag auf Überprüfung der Glaubwürdigkeit des zum Zeitpunkt der Aussage der angeklagten Tat bereits überführten Mitangeklagten ein möglicher Wiederaufnahmegrund. Bei der Beschuldigung – das einzige Beweismittel gegen Thomas Meuter – ist durchaus ein Motiv für eine Falschaussage zu erkennen: die Entlassung des vorbestraften Beschuldigers aus der belastenden Isolationshaft sowie eine mildere Strafe als Dank für die gewünschte Kooperation mit den Behörden – unter der Bedingung, dass die Nennung des angeblichen Beschaffers des als geheim eingestuften Dokuments erfolgt.
Die Wiederaufnahme des Falls Gust Mollath, der sieben Jahre zu Unrecht in der Psychiatrie gesessen hat, zeigt, wie schwierig es ist, ein Unrechtsurteil korrigieren zu lassen, selbst wenn das Justizministerium und damit auch die Staatsanwaltschaft eine Wiederaufnahme fordern, weil der öffentliche Druck zu groß geworden ist.
- März 2013
Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat am Montag die Wiederaufnahme des Verfahrens in der Sache Gustl Mollath beantragt…
Anträge auf Wiederaufnahme von rechtskräftigen Verfahren sind selten. Sie werden üblicherweise von Anwälten gestellt. Dass eine Staatsanwaltschaft einen eigenen Antrag stellt, gilt in der modernen Rechtsgeschichte Bayerns als einzigartig.
Die zuständige Staatsanwaltschaft stütze ihren Antrag im Wesentlichen auf neue Tatsachen, erklärte Nürnbergs Justizpressesprecher Michael Hammer…
Der Antrag habe das Ziel, die Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen zu überprüfen, sowie „den Beweiswert einer dem Urteil zugrunde liegenden Urkunde“…
Das Landgericht Regensburg hatte die Wiederaufnahme abgelehnt. Erst das OLG Nürnberg ermöglichte dann den neuen Prozess. Dabei wurde aber tunlichst darauf verzichtet, die Glaubwürdigkeit der Zeugen zu beurteilen. Stattdessen diente ausschließlich eine unechte Urkunde als Wiederaufnahmegrund.
06.08.2013, 12.03 Uhr
… Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Mollaths Verteidiger Gerhard Strate hatten Wiederaufnahmeanträge gestellt. Das Landgericht Regensburg hatte diese Anträge jedoch am 24. Juli abgelehnt. Strate und die Staatsanwaltschaft legten Beschwerde beim OLG Nürnberg ein – mit Erfolg, wie sich nun zeigt…
Ein entscheidender Punkt in den Wiederaufnahmeanträgen war ein ärztliches Attest, mit dem Mollaths inzwischen von ihm geschiedene Frau Misshandlungen durch ihren Mann nachweisen wollte. Das Attest stammte jedoch nicht von der Ärztin, deren Name auf Briefkopf und Stempel zu lesen war, sondern von einem ebenfalls approbierten Arzt, der „i.V.“ (in Vertretung) unterschrieben hatte. Im Gegensatz zum Landgericht Regensburg hält das OLG Nürnberg diese Urkunde im juristischen Sinne für „unecht“. Damit liegt nach Paragraf 359 Nr. 1 der Strafprozessordnung (StPO) ein zulässiger Wiederaufnahmegrund vor, so das OLG (die Mitteilung des Gerichts lesen Sie hier).
Staatsanwaltschaft und Mollaths Verteidiger hatten in ihren Wiederaufnahmeanträgen noch weitere Punkte angeführt. Doch da bereits der Wiederaufnahmegrund der „unechten Urkunde“ gegriffen habe, „kam es auf andere in den Wiederaufnahmeanträgen genannte Gesichtspunkte nicht mehr an“, heißt es in der Mitteilung des OLG Nürnberg.
Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung. Ihr Ziel, den Fall neu aufzurollen, sei erreicht. „…
Der Fall Mollath dürfte scheinbar nicht aufgeklärt werden wegen der von Gustl Mollath behaupteten Verwicklung seiner Frau in Schwarzgeldverschiebungen in die Schweiz, gerade weil ein 2012 öffentlich gewordener Revisionsbericht der Bank Unregelmäßigkeiten festgestellt hatte, die Mollaths Vorwürfe bestätigten.
Der Freispruch aus Rechtsgründen erschien wohl als einziger Ausweg aus dem Dilemma. Mollath hatte als Grund für die Falschbezichtigung angegeben, dass er die Scharzgeldgeschäfte seiner Frau hatte zur Anzeige bringen wollen für den Fall, dass sie als Kundenberaterin der Bank ihre illegale Beschäftigung nicht einstellen würde. Daraufhin habe sie angedroht, ihn in die Psychiatrie zu bringen.
Von Beate Lakotta
14.08.2014,
… Das Gericht fand die Nachweise für die angeblichen Reifenstechereien „dürftig“ und sprach ihn in diesem Punkt frei. Das ist wesentlich, denn mit den Reifenstechereien fällt die Begründung für den Psychiatrieaufenthalt aus dem ersten Prozess weg…
Bei Mollaths Ex-Frau Petra sei „kein Motiv für eine Falschbezichtigung nachvollziehbar“, sagte Escher…
„Wir wissen nicht, ob er aufgrund einer wahnhaften Störung so handelte oder nicht.“ Ohne Zweifel an seiner Schuldfähigkeit hätte das Gericht ihn schuldig gesprochen. Aber die Zweifel bestanden nun mal. „Deshalb müssen wir ihn freisprechen, in dubio pro reo“, erklärte die Vorsitzende, auch wenn der Angeklagte selbst das womöglich gar nicht günstig finde: „Er sieht ja bei sich keine wahnhafte Störung.“
Mollath bezieht vor den Mikrofonen Stellung: „Ich will das nicht auf mir sitzen lassen“, sagt er. „Ich habe meine Frau nicht angegriffen. Ich möchte dagegen rechtlich vorgehen. Man hat mich daran gehindert, wesentliche Zeugen zu laden. Da hätte ich mich gegen meinen Anwalt durchsetzen sollen. Dann hätte es vielleicht einen ganz anderen Urteilsspruch gegeben.“…
Es wundert wenig, dass der Bundesgerichtshof als politisch hörige Instanz die Revision Mollaths gegen den Freispruch mit Schuldspruch verwarf.
09.12.2015
… Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Mittwoch die Revision von Gustl Mollath als unzulässig verworfen. Die Revision gegen ein freisprechendes Urteil ist nur ausnahmsweise unter eng umgrenzten Umständen zulässig, bekräftigten die Richter des 1. Strafsenats mit ihrer am Mittwoch veröfffentlichten Entscheidung aus Oktober. Ein solcher Ausnahmefall liege im Fall Mollath nicht vor (BGH, Beschl. v. 17.10.2015, Az. 1 StR 56/15).
Das Landgericht hatte Mollath im Sommer 2014 im Wiederaufnahmeverfahren vom Vorwurf der Körperverletzung seiner früheren Ehefrau freigesprochen. Das Regensburger Gericht war allerdings zu der Überzeugung gelangt, dass Mollath seine Frau misshandelt hat. Es konnte aber nicht ausschließen, dass Mollaths Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit bei Begehung der gefährlichen Körperverletzung gefehlt habe. Daher müsse man zugunsten des Angeklagten von dessen Schuldunfähigkeit ausgehen.
Diesen Vorwurf wollte Mollath nicht auf sich sitzen lassen, der unmittelbar nach dem Freispruch von einer solchen „zweiter Klasse“ sprach und Revision einlegte. Er beanstandete seinen Freispruch, soweit dieser nur aus Rechtsgründen erfolgt ist, denn durch die ihm nachteiligen Feststellungen des Urteils sei er trotz der Freisprechung faktisch beschwert…
Die haarsträubende Aufarbeitung des Falls Mollath zeigt, was ein Unschuldiger im deutschen Rechtssystem zu erwarten hat selbst wenn eine Rehabilitation in greifbare Nähe gerückt ist. Immerhin hat Gustl Mollath im Dezember 2019 noch eine Entschädigung vom 600 000 Euro vom Freistaat Bayern erstritten – dank seiner Hartnäckigkeit.
Die deutsche Justiz ist genauso wenig von der Politik unabhängig wie ein Hund von seinem Herrchen. Fehlurteile werden überhaupt nur dann im Rahmen des staatlicherseits absolut Unvermeidbaren korrigiert, wenn eine breite Öffentlichkeit von dem Justizskandal Kenntnis erhalten hat und gegen das staatliche Vorgehen infolgedessen auch aus der Mitte der Bevölkerung heraus heftig protestiert wird. Voraussetzung für den öffentlichen Aufschrei gegen ein Fehlurteil bleibt letztendlich eine breite Berichterstattung durch die Medien, die heutzutage im Schatten des von Mainstream-Medien praktizierten Haltungsjournalismus zunehmend weg fällt – durch das Totschweigen von dem Ansehen des deutschen Staates schadenden beweisbaren Vorwürfen. Die Journalisten kommen ihrer Aufgabe als „vierte Gewalt“ im Staat nicht mehr nach. Sie berichten einfach nicht, wenn die Politik und damit ihre Chefredakteure dies nicht wünschen. Gleichzeitig wird die Verbreitung alternativer Nachrichten über das Internet durch die Zensur in den sozialen Netzwerken zunehmend eingeschränkt. Nicht gelöschte unliebsame Meinungsäußerungen werden entweder ignoriert oder man erklärt die Autoren zu Verschwörungstheoretikern um ihre Glaubwürdigkeit zu beschädigen.
Im Gegenzug stürzen sich die Medien auf sämtliche Vorwürfe, die einen möglichen Rassismus bei den Behörden annehmen lassen. Hier geht es schließlich um die gewollte Erziehung der ethnisch Deutschen zum Selbsthass und die präventive Zerstörung eines deutschen Nationalgefühls. Das Praktizieren des Antideutschseins mit ständiger Selbstkritik soll nach links-grüner Denkweise schließlich das Ansehen des deutschen Staates in der Welt verbessern, indem demonstriert wird, dass selbst vor einem Aufräumen in den eigenen Polizeibehörden nicht halt gemacht wird, wenn es darum geht, rechte Strukturen in Deutschland zu vernichten.
Nach meinem Eindruck herrscht in Juristenkreisen nicht selten die Ansicht, dass Fehlurteile in einem Rechtsstaat unvermeidbar seien und daher stets einen gewissen Prozentsatz der Verurteilungen ausmachten. Um dem Ansehen der Justiz nicht zu schaden wird die Rechtskraft eines Urteils jedoch in der Regel nicht in Frage gestellt, auch wenn das Fehlurteil selbst für juristische Laien unverkennbar ist.
Rechtsmäßigem Unrecht lässt sich nicht mit juristischen Mitteln begegnen.