Thomas Meuter – ein Brief aus der JVA Rheinbach

Als ich regelmäßige Zugriffe aus Griechenland auf meine Blogbeiträge zu dem Justizopfer Thomas Meuter feststellte, erahnte ich bereits, dass sich der Journalist in diesem EU-Land aufhielt. Mir war klar, dass das nicht lange gut gehen konnte. Meine Befürchtungen sollten sich sehr bald bewahrheiten. Es gibt ein Auslieferungsabkommen mit Griechenland und ich rechnete damit, dass die deutschen Sicherheitsbehörden nicht locker lassen würden, denn nichts ist denen wichtiger als die Vollstreckung eines Unrechtsurteils. Nur so lässt sich nach außen hin der Schein einer Rechtsstaatlichkeit wahren. Gerade im Fall politischer Verurteilungen kann auf die Dauer nur eine Flucht ins außereuropäische Ausland von Erfolg sein, in Länder z. B. in Asien oder Südamerika, die nur in Ausnahmefällen und bei schweren Straftaten nach Deutschland ausliefern. Das sagt sich so leicht, ist aber ohne entsprechende Kontakte und Unterstützung vor Ort und vor allem ohne die passende finanzielle Ausstattung nur schwer umzusetzen – besonders zu Corona-Zeiten mit stark eingeschränkter Reisefreiheit, Einreisesperren, weltweit verstärkter Überwachung und Visumspflicht.

Seit dem 16. April ist Thomas Meuter nun in Haft. In einem Brief von 24. Juni 2021 aus der JVA Rheinbach, den ich am 15. Juli erhalten habe, berichtet er über seine Behandlung durch die griechische Justiz und beantwortet Fragen zum Stand der Dinge.

In Griechenland wurde Thomas Meuter nach eigenen Aussagen in der Auslieferungshaft drei Tage in einem Verlies gehalten und am Schlafen gehindert. Polizeibeamte sollen ihm mehrfach gedroht haben, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen, weil er ein Verräter militärischer Geheimnisse sein soll. Deutsche Ermittler, das Auswärtige Amt und das BKA sollen massiv Druck auf Griechenland ausgeübt haben, um eine Auslieferung zu erzwingen. Nach Angaben von Thomas Meuter wurde durch den GBA auch ein fehlerhafter Haftbefehl ausgestellt. Nach einem Urteil vom 27. Mai 2019 hat der Europäische Gerichtshof der Bundesrepublik Deutschland verboten, europäische Haftbefehle durch Staatsanwälte ausstellen zu lassen, weil diese aufgrund der Weisungsgebundenheit nicht politisch unabhängig sind. Allerdings bedeutet das Urteil des EuGH keineswegs, dass nicht von Griechenland nach Deutschland ausgeliefert werden darf, sondern lediglich, dass bei nicht gegebener Zustimmung der auszuliefernden Person das Verfahren länger dauert, weil ein Gericht den Fall prüfen und ein Richter den europäischen Haftbefehl unterzeichnen muss. Thomas Meuter schreibt hierzu, es sei betont worden, „dass europäische Gesetze nicht in seinem Fall gelten“, was auch immer das heißen soll. Es folgte eine Irrfahrt von zwei Monaten durch zahlreiche Gefängnisse ohne Wechselwäsche und andere persönliche Gegenstände. Nach Angaben der Behörden soll es Monate dauern können, bis die beschlagnahmten Gegenstände, darunter auch Kreditkarten, Computer und Sticks, wieder zurück in Deutschland sind.

Thomas Meuter wartet nun mittlerweile seit 16 Monaten auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Annahme seiner Beschwerde gegen das Fehlurteil. Leider hat die Verfassungsbeschwerde keine aufschiebende Wirkung auf den Haftantritt und es ist ohnehin zu befürchten, dass der politisch besetzte Senat entweder in Kürze ablehnt oder aber erst nach dem Absitzen der zweijährigen Reststrafe entscheidet.

Thomas Meuter beantwortet in seinem Brief sechs von im selbst formulierte Fragen, die ich hier zusammen mit den Antworten leicht gekürzt wiedergeben möchte.

Frage 1: Wie geht es heute und was ist passiert?

Meuter: Den Umständen entsprechend gut, um es „vorsichtig zu formulieren“. Gesundheitlich sind die letzten vier Jahre nicht spurlos an mir vorbeigegangen, denn bei mir wurde auch eine schwere PTBS (posttraumatische Belastungsstörung) festgestellt. Seit über zwei Jahren leide ich an schweren Schlafstörungen und schlafe maximal drei Stunden pro Nacht. Die Tiefschlafphase wird nicht mehr erreicht und ausgeruht bin ich auch nicht mehr. Konzentrationsschwächen und Flashbacks runden die Sache ab. Eine Behandlung in einer JVA ist leider nicht möglich. An dieser Stelle will ich nicht alle Erlebnisse erzählen, das sprengt den Rahmen bei weitem. Die griechischen Gefängnisse waren die Hölle. Die sanitären Anlagen waren nicht vorhanden. Als Klo gab es ein Loch in der Erde und mehr nicht. Klopapier schon mal gar nicht und auch auf „Anfrage“ nicht. Wechselwäsche wurde mir nicht ausgehändigt. Ganze drei Wochen nicht. Man lebte buchstäblich im Dreck. Schaben, Ratten oder anderes Ungeziefer waren die ständigen Gäste in einer total verdreckten Zelle, die nur kleine Fenster hatte. Das Neonlicht brannte Tag und Nacht. Einmal pro Tag gab es ein warmes Essen. Auch Kaffee konnte man gegen Geld bekommen und telefonieren, das war aus der Zelle mit Telefonkarte möglich. Der Kontakt zu Anwalt und Familie riss nicht ab, was gut war. Über ein Gerichtsurteil und gleich zwei falsche bzw. nicht gültige europäische Haftbefehle erfolgte die Abschiebung über Athen nach Deutschland. Innerhalb des Abschiebegefängnisses wurde ich durch den Leiter der Abteilung sehr fair behandelt, der offensichtlich ein sehr umfangreiches Dossier von mir hatte und wusste, dass ich Reservist bin. Er sorgte dafür, dass ich zwei Leute zugeteilt bekam, die mich vor gewalttätigen Insassen aktiv schützen sollten. Dies geschah und ich hatte rundum Schutz, der auch sehr wichtig vor Ort war. Es war wie in einem schlechten Film. Die Zelle war mit 16 Personen besetzt. Die Umstände waren sehr grenzwertig. Das BKA schickte zwei junge Beamte, die mit Schutzwesten anreisten. Beide waren sehr nett, was ich nicht erwartet hatte. In Deutschland brauchte es noch ganze zwei Wochen, um in die JVA Rheinbach zu kommen. Der Transport war unglaublich schlecht organisiert und eine Zumutung. Auch hier konnte ich mehrere Tage die Wäsche nicht wechseln und war sehr schmutzig. Das war unzumutbar und ekelhaft.

Frage 2: Wie ist die Situation heute zu bewerten?

Meuter: Ein zu Unrecht verurteilter Mensch hat es sehr schwer in einem Umfeld von Menschen, mit denen er eigentlich nichts zu tun haben möchte. Unter kriminellen Gefangenen zu sein ist mir zutiefst zuwider, genauso das gesamte Umfeld, deren Bildungsgrad, der meist nicht über ein „Comicheft“ hinausreicht. Außer TV zu schauen gibt es noch die Möglichkeit des Hofgangs für eine Stunde mit fragwürdigen Gestalten. Darauf verzichte ich sehr gerne.

Leider muss ich auf die Entscheidung aus Karlsruhe vom Verfassungsgericht noch warten. Das sind schon heute 16 Monate und noch immer weiß ich rein gar nichts. Die gesamte Situation ist sehr schlecht und das Warten auf Entscheidungen, die sich noch über Monate und Jahre hinziehen könnten, macht die Lage nicht besser. Aufgeben werde ich auf keinen Fall. Die Fakten sprechen zu stark für meine Unschuld.

Frage 3: Gibt es politische Unterstützung?

Meuter: Ein wenig davon habe ich. Nur leider nicht genug, denn die Wahlen stehen im September vor der Türe. Da hängt sich keiner aus dem Fenster. Aber ein wenig Unterstützung habe ich. Bis zur Wahl rechne ich mit einer Entscheidung des Verfassungsgerichts. Dennoch ist eine politische Unterstützung weiterhin zwingend in dem Justizskandal.

Frage 4: Angeblich gibt es zurückgehaltene Beweise durch den GBA, was ist an der Sache dran?

Meuter: Der GBA, hier die Staatsanwältin Stefanie Hertrich, hält Beweise nachweislich zurück, die uns aus informierten Kreisen zugespielt wurden. Es handelt sich um Briefe, die im Februar und September 2020 an den GBA und auch an das BKA gingen. Der Absender ist unbekannt. In den Briefen stehen sehr interessante und auch entlastende Dinge, die weder mir noch meinem Anwalt zur Kenntnis gebracht worden sind. Laut dem Inhalt der Briefe, die uns zugespielt wurden aus Kreisen der Industrie, wurde dem GBA mitgeteilt, dass die geheimen Papiere unter dem Titel „Entwurf der geheimen Erläuterungen Teil 1 zum Einzelplan 14“ von einer Polit-Agentur und deren Mitarbeitern an Martin M. gingen. Ebenso konnte festgestellt werden, dass die Spur zwischen M. und seiner Bezugsquelle auch in Richtung Bundeswehr führte, eine Spur, die nach Aktenlage nicht von GBA und BKA verfolgt wurde. Aus den Briefen geht klar hervor in welche Richtung hätte ermittelt werden müssen. Ebenso, dass diese Unterlagen auch an Industrievertreter der US-Industrie gingen. Der GBA und das BKA sind ebenso der Tatsache nicht nachgegangen, dass Martin M. bei der Bundeswehr einen Kurs über professionelles Lügen absolvierte. Die Medien sind informiert, um die Sache zu veröffentlichen. Wo auch immer dies sein wird. Eine Stellungnahme wird erst kurz vor der Veröffentlichung vom GBA eingeholt, denn die Staatsanwältin Hertrich hat von drei Briefen, die vorliegen, meinen Anwalt informiert. Es sind vier, die uns vorliegen. Hinzu kommt, dass der GBA diese Briefe nach Angaben von Insidern für Trittbrettfahrerschriften hält. Intensive Recherchen von unserer Seite ergaben, dass die Briefe aus der Industrie stammen und die Infos darin weitestgehend richtig sind.

Frage 5: Im Mai 2021 war der Fall in der Presse. Die Welt berichtete am 15. Mai mit einer Seite über den Justizskandal. Wird die Presse am Ball bleiben?

Meuter: Wir haben mit der Presse ein gutes Verhältnis und stehen in einem regen Kontakt. Leider hat Corona alles überschattet, was nicht mit dem Thema zu tun hat. Die Berichterstattung wird fortgesetzt und das ist gut so, denn wir müssen sehen, dass der Justizskandal in der Öffentlichkeit bleibt. Das ist das Ziel. Öffentlichkeit ist für die deutsche Justiz ein Schreckgespenst. Diese Tatsache ist sehr nützlich. Das TV ist auch an dem Fall interessiert. Wir stehen in einem engen Kontakt mit den Redaktionen. Im Sommer wird etwas über den Fall kommen.

Frage 6: Wird es zu schaffen sein, die Freiheit zurückzugewinnen nach all den schrecklichen Ereignissen?

Meuter: Ich bin davon überzeugt, auch wenn ich den Glauben an den Rechtsstaat verloren habe und der kommt nicht wieder. Aber gewinnen werde ich in diesem Fall. Dies ist immer noch mein Glaube und Hoffnung. Die Fakten sprechen alle für mich und die Rechtsbrüche, welche die Behörden verursachten, um ein Fehlurteil zu sprechen, sind eklatant sowie nicht haltbar. Aus diesem Grund bin ich noch optimistisch, wenn auch sehr vorsichtig optimistisch.

Thomas Meuters ungebrochener Wille, weiter für eine Rehabilitierung zu kämpfen, ist schon bemerkenswert. Leider kann ich seinen Optimismus nicht teilen. Die Medien arbeiten seit Beginn der Corona-Krise geschlossen als Staatsfunk und es scheint zur neuen Normalität zu gehören, dass Journalisten wie auch die Repräsentanten des Staates Fakten ignorieren oder gezielt fehlinterpretieren. Die öffentliche Meinungsbildung zielt auf die Durchsetzung eines für einige Berufsgruppen direkten und für alle anderen Bürger indirekten Impfzwangs ab, was eine ganz massive Einschränkung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit bedeutet und damit eine Aufhebung der Gültigkeit der eigentlich unveräußerlichen Grundrechte. Das Recht der Herde kommt also vor dem Recht des Individuums auf eine persönliche Risiko-Nutzen-Abwägung für diesen hochriskanten gentechnischen Eingriff in unser Immunsystem. Hier wird eine rote Linie überschritten, was massive Proteste und einen Aufschrei der Medien hätte auslösen müssen. Doch nichts dergleichen geschieht. Stattdessen übernimmt die Presse kritiklos autoritäre Forderungen und die „Schafe“ applaudieren.

In unserer Gesellschaft des betreuten Denkens werden die Einzelschicksale von Politik und Medien vorgegeben, für die sich die Bevölkerung zu interessieren hat. Unrechtsurteile gegen nicht-organisierte Individuen werden als persönliches Pech qualifiziert, da gibt es heutzutage keinen Aufschrei mehr bei den „woken“ Moralisten.

Das Bundesverfassungsgericht weigert sich, gegen die massiven Corona-Maßnahmen im Rahmen von einstweiligen Verfügungsverfahren Entscheidungen zu treffen. Warum sollten sie sich dann für ein Einzelopfer ins Zeug legen. Die Richter des Verfassungsgerichts scheinen es zu bevorzugen, die Zeit für die Repräsentanten unseres Staates arbeiten zu lassen.

Für ein Wiederaufnahmeverfahren braucht es mehr als anonyme Briefe. Selbst bei dem Vorliegen einer Zeugenaussage und eindeutiger Beweise würde ich auf das Einlenken unserer Justiz keine Wetten abschließen. Bei den deutschen Staatsanwaltschaften und in der weisungsbefugten Politik gibt es keine Fehler-Kultur. Die oberste Staatsraison ist die Wahrung des Ansehens staatlicher Stellen. Bei Fehlentscheidungen ist also grundsätzlich kein Zurück zu erwarten, sondern ein radikales Weiter so.

Dass Die Welt hinter einer Bezahlschranke über das Ende der Flucht von Thomas Meuter berichtet hat, ist zwar begrüßenswert, man erreicht aber nur dann eine größere Öffentlichkeit, wenn andere Medien die Berichterstattung aufgreifen.

Ich wünsche Thomas Meuter allen erdenklichen Erfolg bei seinem Kampf, doch halte ich es für unrealistisch, mit rechtsstaatlichen Mitteln staatliches Unrecht bezwingen zu wollen.

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